Zentralschweizerische Gesellschaft für Familienforschung
Referat von Stefan Jäggi
Samstag, 24. Februar 2024, 14.00 Uhr
Universität Luzern, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 8
Armut ist in unserer Gesellschaft eine permanente Herausforderung. Was ist Armut überhaupt? Wer ist arm, und warum? Was unternimmt die Gesellschaft gegen die Armut? Fragen, die sich vor über 400 Jahren auch der umtriebige Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat stellte.
Cysat strebte nichts weniger als eine umfassende Neuorganisation des Luzerner Fürsorgewesens an. Im Januar 1590 verabschiedete der Luzerner Rat seine neue «Almosenordnung». Mit dem Ziel einer gezielten und unbürokratischen Hilfe für die wirklich Bedürftigen erfasste Cysat von 1590-1592 akribisch alle von der städtischen Fürsorge Unterstützten. Aufgrund dieser Listen und unter Beizug weiterer Quellenbestände des Staatsarchivs gewinnen wir unschätzbare Einblicke in die sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Lebensumstände von rund 15% der damaligen Stadtbevölkerung.
Alleinerziehende Mütter und Witwen mit kleinen Kindern, alte gebrechliche Frauen, kleine Handwerker und Tagelöhner mit gesundheitlichen Problemen, Jugendliche ohne berufliche Perspektiven, Strassenkinder, «working poor», sie erhalten einen Namen und eine Biographie. Sichtbar werden auch die Bemühungen der Behörden gerade bei der Unterstützung kinderreicher Familien, bei der Suche nach Lehrstellen für Jugendliche und bei der medizinischen Versorgung. Krachend gescheitert ist hingegen Cysats Vorhaben, die neue Ordnung ebenfalls auf der Luzerner Landschaft einzuführen.
Referat von Gerhard W. Matter
Samstag, 25. November 2023, 14.00 Uhr
Universität Luzern, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 8
Nachtrag: Schauen Sie die Präsentation nochmals an.
In den Jahrzeitbüchern des 15. Jahrhunderts tauchen die ersten Matter von Engelberg auf. Teilweise lassen sich bereits familiäre Strukturen über mehrere Generationen rekonstruieren. Aber immer brechen Abstammungslinien auch wieder ab. Ab 1605 lassen sich dank den Kirchenbüchern alle 17 alten Engelberger Talgeschlechter recht zuverlässig genealogisch rekonstruieren.
Die Ziele meiner Arbeit sind: die frühesten Spuren der Matter zu finden, die Entstehung und Verbreitung des Familiennamens in der Innerschweiz vor 1400 zu erfassen sowie die Entwicklung des Geschlechts der Matter zur Zeit der Klosterherrschaft - bis 1798 - zu erforschen und als Stamm- oder Nachfahrentafel darzustellen. Wichtige Exponenten erhalten eine eigene Biographie. Wie prägten Politik und Wirtschaft ihre Lebensumstände? Wovon lebten sie? Hatten sie Ämter inne? Wie gestalteten sie ihr Familienleben? Bei meinem Referat gebe ich Einblick in die Quellenlage und stelle das Konzept der sozio-ökonomischen Studie vor.
Danach soll - als ein Beispiel aus meiner Untersuchung - das Leben des vermögenden Großbauern, Richters, Bannerherrn und Säckelmeisters Hans Matter im Oberberg (ca. 1580-1657) und seiner Gattin Margaretha Kuster zur Sprache kommen. Ein ereignisreiches Leben: die Geburt seines unehelichen Sohnes löst den Sturz des Talammanns und damit eine politische Krise aus, diese wiederum ermöglicht 1628 den „Hexenherbst“, während dem auch seine Gattin als Hexe denunziert und gefoltert wird. Sie überlebt nicht nur diese blutige Tortur, sondern auch die Pest und stirbt erst im stolzen Alter von 100 Jahren. Ja, ein faszinierendes Leben eines außergewöhnlichen Paares!
Die Mitglieder der ZGF werden ermuntert, auch Verwandte sowie Freundinnen und Freunde an die Veranstaltung mitzunehmen. Gäste sind herzlich willkommen im Vortragslokal in der Universität Luzern.
Referat von Dr. Linda Steiner-Grassi und Dr. Simone Berchtold Schiestl, Universität Bern
Samstag, 28. Oktober 2023, 14.00 Uhr
Universität Luzern, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 8
Nachtrag: Schauen Sie die Präsentation mit den verschiedenen Links nochmals an (Dateigrösse 13 MB)
Familiennamen sind Zeitzeugen aus dem Mittelalter und verraten viel über die mittelalterliche Lebens- und Arbeitswelt, insbesondere über das Handwerk und das soziale Miteinander. Zudem geben sie Aufschluss über den historischen Sprachstand, so etwa darüber, wie Wörter gebildet und ausgesprochen worden sind. In der Schweiz wurden Familiennamen teilweise schon im 13. Jahrhundert fest – früher als in anderen deutschsprachigen Regionen. Im Forschungsprojekt «Familiennamenatlas der Deutschschweiz», dem bislang grössten Projekt zur Erforschung von Schweizer Familiennamen, untersuchen Forschende der Universität Bern die Namen von vor 1800 bis heute nach linguistischen Gesichtspunkten. Die Ergebnisse sollen in einem digitalen, frei zugänglichen Atlas publiziert werden.
Die beiden Referentinnen stellen das Nationalfondsprojekt vor und geben Einblicke in die Entwicklung von Namenlandschaften und somit auch in die Migrationsbewegungen innerhalb der Schweiz. Dank der mehrschichtigen Daten aus dem uns vertrauten Familiennamenbuch der Schweiz und der Daten des BFS können sowohl das historische als auch das aktuelle Familiennamenbild auf Verbreitungskarten fixiert werden. Im Fokus des Vortrags werden Familiennamen aus der Innerschweiz stehen. Unter anderem wird aufgezeigt, wie Familiennamennester – also typische Namen einer ländlich geprägten Region – im Entlebuch eruiert werden können.
Die Referentinnen freuen sich auf Ihre Fragen und stehen für eine Diskussion bereit.
Die Mitglieder der ZGF werden ermuntert, auch Verwandte sowie Freundinnen und Freunde an die Veranstaltung mitzunehmen. Gäste sind herzlich willkommen im Vortragslokal in der Universität Luzern.
Unser Mitgliederausflug nach Zug findet am Samstag, 3. Juni 2023 statt.
Unsere Mitglieder haben das Programm und das Anmeldeformular per Post erhalten.
Referat von Julian Miguez
Samstag, 22. April 2023, 14.00 Uhr
Universität Luzern, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 8
Nachtrag: Schauen Sie die Präsentation mit den verschiedenen Links nochmals an (Dateigrösse 9 MB)
Was ist eine Ahnenprobe - auch Adels- oder Abstammungsprobe genannt - eigentlich genau? Warum musste beispielsweise ein Ritter, um an einem Turnier teilnehmen zu können, sich einer solchen Überprüfung unterziehen? Auch angehende Domherren oder Klosterangehörige konnten davon betroffen sein. Oftmals galt - ohne rein adelige Abstammung kein Zugang.
Auch auf der iberischen Halbinsel waren im Spätmittelalter solche Ahnenproben verbreitet. Damit wurde aber oft die rein christliche Genealogie geprüft. Wer Vorfahren mit maurischem oder jüdischem Blut hatte, wurde zu bestimmten Ämtern und Institutionen nicht zugelassen. Diese Methode der sozialen Selektion haben die Spanier schliesslich auch in ihren Kolonien in Amerika angewendet.
In seinem Referat zeigt der Historiker Julian Miguez die lange Geschichte solcher Abstammungsproben seit dem Spätmittelalter bis zu den kolonialen Gesellschaften im 18. Jahrhundert auf. Im Zentrum stehen die grosse Anpassungsfähigkeit und die globale Verbreitung dieser genealogischen Proben und insbesondere die Frage: Wie wurde die Abstammung einer Person überhaupt bewiesen?
Der Referent freut sich auf Ihre Fragen und steht für eine Diskussion bereit.
Die Mitglieder der ZGF werden ermuntert, auch Verwandte sowie Freundinnen und Freunde an die Veranstaltung mitzunehmen. Gäste sind herzlich willkommen im Vortragslokal in der Universität Luzern.
Referat von Gerhard Hotz und Jürgen Rauber
Samstag, 25. Februar 2023, 14.00 Uhr
Nachtrag: Schauen Sie die Präsentation mit den verschiedenen Links nochmals an (Dateigrösse 18 MB)
Das Referat zeigt uns, was in der Genealogie möglich ist, wenn verschiedene Wissenschaftszweige zusammenarbeiten. In jahrelanger Arbeit befasste sich ein Team aus Natur- und Geisteswissenschaftlern sowie Bürgerforschenden mit der besterhaltenen Mumie der Schweiz. Am Ende konnte die Identität der «Dame aus der Barfüsserkirche» entschlüsselt werden: Anna Catharina Bischoff.
Das Referat gibt uns eine Ahnung davon, was wir natürlich auch in der entsprechenden Publikation nachlesen können: Die geradezu kriminalistisch anmutende Arbeit des Forschungsteams ermöglicht überraschende Einblicke in ein Frauenschicksal des 18. Jahrhunderts, in den Alltag im Basel und Strassburg jener Zeit. Wir werden mit Kleiderstoffen vertraut, erfahren von Datierungsmethoden, lassen uns von der Gesichtsrekonstruktion beglücken oder fragen uns, wie eine solche Frau zur Syphilis gekommen ist. Und einmal mehr führt eine Spur zum inzwischen abgewählten Boris Johnson.
Auch Gäste sind stets gerne willkommen im Vortragslokal in der Universität Luzern.
Referat von Friedrich Schmid, Einsiedeln
Samstag, 25. März 2023, 14.00 Uhr
Der Kern der alten Familie Schmid befindet sich in Schüpfheim. Aber man findet Namensträger natürlich in Flühli, in Escholzmatt, Entlebuch, Hasle oder Doppleschwand. Zudem ist vereinzelt von Einwanderungen auszugehen, namentlich aus dem «Galangertal», und eine Zeitlang waren die Glaser-Schmid aus dem Schwarzwald recht zahlreich im Entlebuch zu finden. Nach dem Referat kann man die Hauptlinien kennen oder zum Beispiel Joggeler, Chochler und Achergüetler unterscheiden. Zum Referat gehören selbstverständlich Schicksale, Hinweise zu erfolgreichen und stolpernden politischen Vertretern, zu mehr oder auch weniger frommen oder glücklichen Individuen, Geschichten eben. Und über Frauen sollen Brücken zu anderen Familien geschlagen werden.
Abbildung: Familienwappen am Stubenbuffet, aus der Kindheit des Referenten
Auch Gäste sind stets gerne willkommen im Vortragslokal in der Universität Luzern.
Unsere Mitgliederversammlung findet am 28. Januar 2023 im Vortragslokal in der Universität Luzern statt.
Die schriftliche Einladung wird Anfang Januar 2023 verschickt.
Übrigens: Es gibt danach einen Apéro.